Christiane Hagn - Ein Trottel kehrt zurück by Christiane Hagn

Autor:Christiane Hagn [Hagn, Christiane]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783959100267
Herausgeber: Eden Books
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00

Dass wir heiraten würden, ahnten wir schon in dem Moment, als der Doktor die Schwangerschaft bestätigte. Ganz sicher waren wir uns, nachdem der binationale Anwalt klarmachte, dass dies der schnellste Weg wäre, um für David eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Und da nun Nachwuchs im Spiel war, schob ich meine romantischen Vorstellungen beiseite und machte Platz für meinen ebenfalls sehr stark ausgeprägten Pragmatismus. Schließlich hatten wir nun diverse verdammt gute Gründe zu heiraten: Visum, Kind und Liebe!

Davids ursprünglicher Plan, eine Anstellung in Südafrika zu suchen, war somit auf Eis gelegt. Stattdessen galt es nun, sich um Formalitäten zu kümmern und über Babynamen nachzudenken. Natürlich auch den A1-Deutschtest am Goethe-Institut zu bestehen. Denn dieser war eine von vielen Voraussetzungen, um das »Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung«, wie es korrekt hieß, beantragen zu können. Des Weiteren musste David neben zahlreichen anderen Unterlagen auch die Bestätigung eines Hochzeitstermins vom deutschen Standesamt vorlegen. Darum wiederum musste ich mich kümmern. Und das alles, so dachte ich, müsste doch in kürzester Zeit zu schaffen sein. Ich ging davon aus, David in wenigen Wochen schon wieder am Flughafen abzuholen.

Doch bevor ich mich in den Behördendschungel stürzte, rief ich natürlich meine Eltern an. Mit der Nachricht, dass ich schwanger war, hatte tatsächlich niemand gerechnet. Mit der Reaktion meiner Eltern ich wiederum nicht. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Denn sie waren überglücklich. Ich wusste zwar, dass sich meine Eltern schon lange ein Enkelkind wünschten, und auch, dass sie die Hoffnung darauf schon fast aufgegeben hatten. Aber dass mit dem Thema Baby auch plötzlich das Thema Hochzeit kein Tabu mehr war, das war mir nicht klar gewesen. Natürlich sollte ich David heiraten. Je früher, desto besser. Das Kind bräuchte schließlich geregelte Verhältnisse. Und David wäre doch ein toller Mann – immerhin der erste, der es geschafft hatte, endlich für ein Enkelkind zu sorgen. David war ein Held und sehr plötzlich auch der perfekte Schwiegersohn. Immerhin besser als kein Schwiegersohn. Ich wiederum sollte doch sofort nach Bayern kommen, damit sie mich und meinen Bauch rund um die Uhr verwöhnen könnten. Vor allem jetzt, wo ich doch so allein wäre in Berlin.

Tatsächlich nahm ich die Einladung gern an. Schließlich musste ich mein Leben von jetzt auf gleich komplett umstellen. Trinkgelage mit meinen Freundinnen waren erst mal tabu. David war weg, die Wohnung leer, der Kühlschrank auch. Das Bügeleisen kalt. Vielleicht lag es auch an den Hormonen, aber ich freute mich darauf, mich von meinen Eltern verwöhnen zu lassen. Noch dazu gab es am Standesamt in Berlin für die nächsten Wochen nicht einen freien Termin. In meiner bayerischen Heimatstadt dagegen, wo ich mit Zweitwohnsitz immer noch gemeldet war, war gar kein Termin vonnöten.

So marschierte ich schon wenige Tage nach Davids Abreise frohen Mutes und (endorphin-)geschwängert in das gemütliche bayerische Standesamt, direkt in das Zimmer von Frau Wurfbaum. Doch anstatt mit einem Datum für unsere Traumhochzeit und den allerbesten Wünschen wieder herauszumarschieren, verließ ich es tränenüberströmt. Nicht ohne Frau Wurfbaums Bürotür ordentlich hinter mir zuzuknallen, während ich noch »Scheißdeutschland!« vor mich hin schimpfte. Ich wusste, dass das kein besonders erwachsenes Verhalten war.

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